Pferde und CST: Bericht einer Kursteilnehmerin

Oberflächlich betrachtet schreibst Du, lieber Gert, dass die CST und die Osteopathie wenig gemeinsam zu haben scheinen. Das war zuerst eine Schwierigkeit für mich, die CST am Pferd anzuwenden. Oberflächlich sieht der Pferdebesitzer so wenig. Ich stehe einfach nur da und verweile eine Zeit an einer bestimmten Struktur, im Vertrauen auf die inhärenten, natürlichen Kräfte.

Für den Pferdehalter wenig spektakulär dachte ich oft, der möchte bestimmt Aktion und große Bewegungen, so wie damals im TV mit dem Ostfriesen. Es ist immer wieder eine Herausforderung nicht in Aktionismus zu verfallen, um die Dinge zu beschleunigen oder dem Besitzer die vermeintlich gute Show zu liefern…

Friederike schreibt, die Geduld ist ein aktiver Prozess.

Die aktive Zurückhaltung einer Handlung, sei ein Vertrauen auf die inhärenten natürlichen Kräfte: Geduld, Gelassenheit, Gleichmut, sodass Veränderungen oder Anpassungen immer und jederzeit stattfinden.

Und die Erfahrung zeigt, es gibt auch sensible Pferdebesitzer, die kleinste Veränderungen an ihren Pferden wahrnehmen. Diejenigen, die mit ihrem Pferd im Kontakt sind, spüren, dass  die Atmung des Pferdes tiefer wird. Sie sehen, dass sich der Blick, das Auge des Pferdes  verändert.

Sie spüren, dass sich Energie entlädt, wenn ihr Pferd plötzlich mit dem Kopf schlägt und danach gähnt, oder sich reckt wie eine Katze, das es anfängt zu kauen, während ich gerade wieder scheinbar nichts tue.

Auch die Natur ist immer in Veränderung, sie passt sich geduldig an, ohne einen Aktionismus.

Der Pferdebesitzer entspannt sich mit, wenn sich das Pferd lang macht, den Kopf senkt, sich fallen lässt und sich genüsslich wälzt. Was die CranioSacrale Therapie am Pferd für mich so wertvoll macht, sind die feinen Reaktionen der Pferde und die Beobachtungen der Pferdehalter.

War die Behandlung erfolgreich, berichtet der aufmerksame Pferdebesitzer von der Veränderung der körperlichen Symptome, aber auch immer häufiger von einer Verhaltensveränderung seines Pferdes.

Die vorher unzufrieden wirkende Stute, noch neu in der Herde, traut sich nach der Behandlung mit an die Futterraufe, zeigt sich selbstbewusster und findet ihren Platz in der Herde.

Der “lahme“ Wallach, der im Reitschulbetrieb lustlos stolpernd seine Runden lief, entwickelt eigene Ideen und so landen die Reitschüler nach einem Temperamentsausbruch des Pferdes auch mal auf dem Reithallenboden…

Das schlecht gelaunte Pferd, das sich nicht einfangen ließ und nicht vorwärts laufen wollte, wirkt nun fröhlicher, zugewandter und zeigt mehr Spaß an der Bewegung. Es hat einfach weniger Schmerzen!

Warum ich das schreibe? Ich lese den Blog mit großem Interesse, ich lese die Kommentare und frage mich, warum schreibt eigentlich keiner über Pferde und CST?

Danke, dass Ihr die CST so weitergebt, wie Ihr es macht! Sie ist so wertvoll für Pferd und Mensch.

Herzliche Grüße
Birgit Kräft

Über die Rolle der Arterien am Schädel

In meinem ersten Cranio Kurs vor ungefähr 28 Jahren galt es den CSR am Kopf zu spüren. Bis dahin hatte ich mich intensiv mit dem Fühlen der Extremitäten, der Wirbelsäule und den Kiefergelenken beschäftigt.

Gleich am ersten Kurstag fühlte eine Hand am Kopf den CSR, die andere war am Brustkorb bemüht ihn von Herzschlag und Atmung zu unterscheiden. Hinzu kam der therapeutische Puls, anders zu spüren als den CSR, die Atem- und Pulsfrequenz. Und zwischen dem linken und rechten Hirn herrschte Chaos.

Tastete ich eine undefinierte Bewegung unter den Händen, musste ich nachfühlen, ist es der arterielle Puls?

Also fühlte die eine Hand beim Patienten an der A. radialis des Unterarms, die andere meinen Puls (oder war es doch der CSR?). Gleichzeitig wurde der Druck dem Fühlen zu vertrauen und doch zu widersprechen immer größer.

Deutlich fühlte und sah ich die Atembewegung im Körper, außer am Kopf, fühlte die Arterien der Füße, der Brust und des Halses (A. carotis). Dazu den CSR und therapeutischen Puls besonders gut am Kopf, denn darin befände sich eine Pumpe die pulsiert, sagte man mir: „Wenn man in einen Luftballon hineinpustet, die Luft danach wieder entweichen lässt, bewegt sich der Luftballon auch.“ Also gab es begabte Leute, die den CSR fühlen konnten.

Wir sahen ein Modell mit guten Bildern von der, neben Herz und Lunge, dritten eigenständigen Pumpe (dem Liquorsystem). Doch um in Ruhe fühlen zu können, fehlte noch etwas. Heute weiß ich, es sind die Gewebepunkte, die ich aus der Vergangenheit kannte. Ich erinnerte mich in diesem Zusammenhang auch an Andrew Taylor Still: „The role of the arterie is supreme.“

Wo befinden sich eigentlich die Arterien am Kopf? Mein Anatomieprofessor hatte mir damals geholfen, einige zu benennen. Doch ich konnte sie nicht fühlen. Dazu sagt Sutherland: „Das Bild der Arterien“ und Upledger: „Das Wissen darum“ wird dir helfen sie zu fühlen.

Unter Belastung schlägt nicht nur das Herz, es pulsiert auch im Kopf. Das habe ich in meiner Jugend als Sportler erfahren. Mit diesem Wissen fand ich den roten Faden, der mir schon abhanden gekommen zu sein schien, und wissbegierig suchte ich in meinen Anatomiebüchern. Aber Palpationskreise der Arterien fand ich nicht. Hatte ich in den falschen Büchern gesucht?

Hier ist das Ergebnis meiner Arbeit. Ich bin gespannt, ob Ihr nach dem Lesen meines Artikels die 36 Pulse tasten könnt. Findet Ihr mehr, so schreibt mir bitte.

Die A. carotis communis neben der Epiglottis zu tasten ist wohl bekannt (direkt neben dem Krawattenknoten), dann fühlt mit dem Zeigefinger einen Querfinger vor dem äußeren Gehörgang (Meatus accusticus externus), dort pulsiert die A. temporalis superficialis.
Einen Querfinger unterhalb vom Jochbogen (Proc. zygomaticus ossis temporalis) pocht die A. zygomatico orbitalis.
Einen Zentimeter über dem Jochbogen liegt die A. transversa facialis. Wenn Ihr die Zähne zusammenbeißt, den Zeigefinger auf den Vorderrand vom M. masseter legt und entspannt, dann findet Ihr die A. facialis, versteckt auf der Mandibula.

Nun kommen wir zum Neurocranium. An der Außenseite vom Os frontale, ist ein „Gartenschlauch“ verlegt, die A. temporalis Ramus frontalis. Besonders bei älteren Menschen ist sie oft sichtbar.
Wenn Ihr die Hand flächig auf das Os parietale legt, sollte Euch seitlich der Scheitelast entgegenklopfen, die A. temporalis Ramus parietalis. Oft liegt medial vom Proc. mastoideus die A. occipitalis.
Spürt Ihr bis jetzt noch wenig Pulse, legt Euch einfach in eine warme Badewanne. Man kann auch eine enge Badehaube aufsetzen und den Verlauf der Arterien fühlen und aufmalen.

Kommen wir nun zu den Kopfarterien des Viscerocraniums.
Die A. supraorbitalis, aus der A. ophtalmica stammend, fühlen wir am Os frontale neben der Glabella am Orbitarand. Eine Stelle auf die viele Kopfschmerzpatienten drücken. Manchem auch als Trigeminuspunkt bekannt.
Ein Querfinger medial vom Tränenpünktchen, auf dem Proc. frontalis der Maxilla, liegt die A. dorsalis nasi. Auf der Maxilla am Foramen infraorbitale, dort wo der N. maxillaris heraustritt, verläuft die A. infraorbitalis.
An der Mandibula am Foramen mentale, dort wiederum tritt ein Nervenast vom N. mandibularis heraus, pulsiert die A. mentale. Die muss man ein wenig suchen.
Am Angulus mandibulae, am Hinterrand, wo wir den Ansatz des M. pterygoideus med. beim Zubeißen tasten, liegt etwas davor die A. submentalis.

Nun fühlen wir im Mund. Ein Querfinger lateral vom Zungenbändchen, unter der Zunge, befindet sich die A. profunda linguae.
Die A. palatina liegt hinter den oberen Schneidezähnen am Os incisivum, ein Querfinger medial der Sutura intermaxillaris.
Zuletzt suchen wir die A. buccalis. Sie weist die größte Variationsbreite auf. Wir fühlen auf der unteren Zahnleiste entlang bis zum 2. Praemolaren oder 1. Molaren. Anschließend den Zeigefinger von innen gegen die Wange drücken und von außen mit dem Daumen gegenhalten.

Das waren die versteckten, pulsierenden „Gartenschläuche“.

Da wir nun so viele Palpationspunkte kennen, kann eine schöne Aufgabe darin bestehen, das ganze arterielle Netz am Kopf zu visualisieren.

Eine Frage habe ich mir gestellt: Wie habe ich es geschafft, den Kopf zu behandeln ohne die Arterien zu spüren?

So kannte ich aus der Orthopädie den Valsalva-Test: Nase und Mund zuhalten und Luft durch die Eustach`sche Röhre ins Mittelohr drücken. Und wie fühlt sich bei diesem Vorgehen der Schädel an?

Heute brauche ich, am Kopf sitzend, meine Hände nicht mehr wegzunehmen, um den Puls und die Atmung zu fühlen.

Jeder Finger bekommt einen arteriellen Puls und ein Bild in mir entsteht, als spielte ich Klavier, ohne die Finger zu bewegen.

Nach einer kurzen Pause warten meine Finger auf den Augenblick, in dem sie dem nächsten Rhythmus nachgehen können – der Motilität des Gehirns.
Davon vielleicht einmal später!

Stefan Höppner

Listening sei Dank

Rezidivierende Rippenblockade nach Bulimie (umgangssprachlich „Ess-Brech-Sucht“)

Im Folgenden möchte ich in verkürzter Form auf die mögliche Viszero-somatische Wechselwirkung von rezidivierenden Rippenblockaden nach Bulimie eingehen.

Fallbeispiel aus meiner Praxis:

Eine Patientin (Ende 30 Jahre) stellte sich mir vor. Sie klagte seit Jahren über mehrfach im Jahr wiederkehrende Schmerzen im links paravertebralen Bereich auf Höhe von BWK 7 und 8 mit teilweise stechenden aber auch ziehenden Schmerzen. Zeitweise auch auftretend bei verstärkter Einatmung und beim Husten. Ich vermutete eine Rippenblockierung.

Therapeutisches Vorgehen:

Generell Listening im Stand zeigte sowohl einen diagnostischen Winkel, als auch faszialen Zug in den Oberbauch im Bereich des epigastrischen Winkels. Dies bestätigte sich auch im Liegen über ein Generell Listening vom Kopf (siehe Zeichnung roter Pfeil) und über den Plantarflexionstest.

„Vor Ort“ zeigte sich ein abdomineller Hypertonus mit Betonung am Pylorus.

Ein möglicher  Zusammenhang zu den Beschwerden der Patientin war für mich zunächst nicht erkennbar. Ich entschied mich detonisierende Techniken am Pylorus durchzuführen mit dem Gedanken, mal sehen, ob und wenn ja, was passieren würde.

Während der Anwendung der Techniken am Pylorus fühlte ich einen faszialen Zug (Local Listening grüner Pfeil) vom Pylorus nach dorsocranial dem Ösophagus folgend bis auf ca. BWK 7 / 8. Dies war nun dem Beschwerdeort der Patientin deutlich näher.

Ich untersuchte den Ösophagus in diesem Bereich weiter auf mögliche Immobilität: Diese zeigte sich im dorsalen Bereich des Ösophagus. Aus meinem  anatomischen Wissen über die  Nähe des Ösopahgus zur Brustwirbelsäule, vermutete ich hier eine viszerosomatische Wechselwirkung zwischen viszerofasziale Einschränkung des Ösohagus mit hier BWK 7/8 und der angrenzenden Rippe.

Aber wieso?

Ich fragte die Patientin, ob ihr etwas zu ihrer Speiseröhre einfiel (im vorangegangenen Anamesgespräch hatte die Patientin nichts von Bauchbeschwerden oder evtl. Speiseröhrenbeschwerden berichtet)

Erst unter Fortführung meiner inzwischen mobilisierenden Techniken an Zwerchfell und distaler Mobilisation des Ösophagus (siehe Techniken im VM 4 Kurs und Foto „Mobilisation Ösophagus unterer Abschnitt“ ) errötete die Patientin plötzlich und teilte mir unangenehm betroffen mit, dass sie 10 Jahre zuvor unter Bulimie litt.

Nun vermutete ich deutliche Zusammenhänge im Sinne einer  entzündlichen  Schädigung der Speiseröhre durch das häufige damalige Erbrechen (vergl. Refluxsymptomatik), gefolgt von faszialen verbliebenen Fixierungen auswirkend auf BWK 7/8 und die angrenzende Rippe.

Die mobilisierenden viszeralen Techniken mittels Follow the Listening in Verbindung  mit der durch unser Gespräch begleiteten somato-emotionalen Reaktionen bewirkten ein tiefes strukturelles Lösen des Ösophagus, BWK 7/8 und der gesamten Oberbauchregion.

Wir trafen uns ca. 2 Wochen nach der Behandlung erneut zur Kontrolle und begegneten uns nach ungefähr 1 1/2 Jahren nochmals. Die Beschwerden der Patientin waren nicht wieder aufgetreten.

Schlussfolgerung:

Offensichtlich durch Bulimie in Verbindung mit dem häufigen Erbrechen ausgelöste Reizerscheinungen des Ösophagus können durch die räumlich anatomische Nähe sich auf Brustwirbelsäule und Rippengelenke auswirken und über 10 Jahre rezidivierende Beschwerden wie oben beschrieben bewirken.

Wieder einmal empfand ich große Dankbarkeit gegenüber John Upledger (danke auch Gert) und Jean Pierre Barral (danke auch Rene), dass es mir mittels der erlernten Techniken aus der CranioSacral Therapie und der viszeralen Manipulation möglich war, die hier beschriebenen Beschwerden so nachhaltig lösen zu können.

Jörg Petersen
Lehrer am Upledger und Barral Institut

Homöostase- oder doch lieber Homöodynamik?

Der Begriff Homöostase wurde 1926 durch den Physiologen Walter Bradford Cannon geprägt, der von der inneren Stabilität, die der Körper auch bei schwankenden Bedingungen halten kann, fasziniert war.

Dieses dynamische Aufrechterhalten komplexer Gleichgewichte innerhalb enger Grenzen, aber mit erstaunlichen »Sicherheitsreserven«, wie Cannon sich ingenieurwissenschaftlich ausdrückte, nannte er »Homöostase«.

Für ihn ist dieses Gleichgewicht unmittelbar mit Ökonomie gekoppelt – umso ausgewogener, desto weniger Energie ist erforderlich, was die Effizienz  signifikant ansteigen lässt – all dies beschreibt er in einer Studie, die er – by the way – „Weisheit des Körpers“ nannte, 1932.

Cannon stellte außerdem den Bezug zur Faszie her. Er schreibt in der  „Weisheit des Körpers“ von seiner Faszination: „vom Wunder dieser organischen Fabrik und ihrer Fähigkeit die Stabilität der Lebensprozesse mittels eines komplexen Zusammenspiels von sich selbst regulierenden physiologischen Prozessen, die sich innerhalb der fluiden Matrix des Körpers organisieren, aufrechtzuerhalten“.

Hier erklärt er sein Gedankenmodell auf der Matrixebene, als Versorger/Schutzorgan und Schmelztegel für chemische Botschaften, neuronale Impulse, Zellen des Immunsystems, piezoelektrische Reaktionen, komplexe Spannungsregulationssysteme etc. Die Matrix sei ein Ort, an dem homöostatische Prozesse bestens greifen.

Er schreibt weiter:
„Der homöostatische Prozess ist inkarniert im Metabolismus durch den sich ein lebendiger Organismus stabilisiert“

Aber sind es nicht gerade die dynamischen Reaktionen des Körpers, die die Selbstregulation ausmachen?

Ist nicht gerade die Fähigkeit Fieber zu erzeugen eine wunderbare Möglichkeit des Körpers, durch diese Maßnahme einen stabilen Gesundheitszustand zurück zu erlangen? Wir sehen dies gerade bei Kindern. Sie stehen in der Regel nach einer fiebrigen Erkrankung auf, wie der Phoenix aus der Asche.

Wenn ich dies in meine Betrachtung über selbstregulierendes Gleichgewicht zugrunde lege, kann ich dem Begriff Homöodynamik (geprägt durch die zwei chilenischen Biologen – Francesco Varela und Humberto Maturana in den 1980ern) als Alternative zu Homöostase eine Menge abgewinnen.

Maturana und Varela, die auch für den Begriff der Autopoiesis  – für mich etwas wie biologische Eigenverantwortung – stehen, haben durch diese begriffliche Variante die Bewegung in diesem Prozess der Selbstregulation, Selbsterhaltung oder, noch weitergehend, Selbstgestaltung nach vorne gebracht.

Prozesse der Gesundung verlaufen nach meiner Erfahrung in der Regel  nicht linear, auch wenn wir wissen, wie wichtig Stabilität ist, um effizient zu sein, so zeigt doch die Erfahrung, dass fehlende Dynamik zu einer unzureichenden Adaptationsfähigkeit führt, oder zumindest führen kann.

Also doch wieder stabile Mobilität – eine Dualität, die nicht nur mein Therapeutendasein begleitet (schon seit meinen frühen Bobath-Tagen) sondern, die auch meinen Alltag, mal mehr und mal weniger, in der Waage hält.

In jedem Fall inspirierend für mich – diese Ideen von Cannon und Varela/Maturana-  nicht nur für Faszie und Rhythmus, aber doch besonders dafür.

Wer ist eigentlich John Martin Littlejohn?

John Martin Littlejohn wurde am 15.2.1866 als Sohn eines presbyterianischen Pfarrers in Glasgow geboren. Er war hochintelligent, eher introvertiert mit anfälliger Gesundheit und litt unter dem rauen, schottischen Klima.

Er studierte an der Universität in Glasgow und schloss seine Studien in Theologie, Jura, Medizin, Philosophie und Soziologie ab. Während dieser Zeit kam es zu einem schweren Unfall, als dessen Folge Littlejohn unter wiederkehrenden Blutungen im Hals und unter Kopfschmerzen litt.

1892 wandert er nach Amerika aus. Seine beiden Brüder James und William begleiten ihn. An der Columbia University in New York setzte er seine Studien fort.

Im Zeitraum von 1894 bis 1897 leitete er das Amity College in College Springs in Iowa.

Aufgrund seiner anhaltenden gesundheitlichen Beschwerden ließ er sich 1897 in Kirksville von Dr. Andrew Taylor Still behandeln. Bereits wenige Behandlungen führten zu einer deutlichen Linderung seiner Symptome. Da Still dringend qualifizierte Lehrer an seiner American School of Osteopathy benötigte, bot er Littlejohn und seinen Brüdern eine Anstellung an.

1898 begann Littlejohn mit der Arbeit als Professor für Physiologie und Psychologie.

Er gab der Osteopathie eine wissenschaftlich orientierte Struktur. Anhand von Studien wurden empirisch gewonnene Thesen überprüft.

Innerhalb der Fakultät gab es bald einen tiefen Konflikt: Still und seine Anhänger betrachteten die Anatomie als wesentlich, Littlejohn und seine Brüder betrachteten die Physiologie als Kern der Osteopathie. Zusätzlich gab es noch den Konflikt zwischen den akademisch gebildeten Ärzten und den praxisorientierten Osteopathen.

1900, im Jahr in dem er seine Frau Mabel Alice heiratete, verließ Littlejohn aufgrund der vorgenannten Konflikte Kirksville und gründete in Chicago das „Chicago College of Osteopathy“, welches sich schnell zum wissenschaftlichen Zentrum der Osteopathie entwickelte.

Der Flexner Report sah die sich stark ausweitende Osteopathie, Chiropraktik und Homöopathie kritisch. In der Folge gab es staatliche Förderungen nur noch für jene Institutionen, die universitäre Standards und Curricula nachweisen konnten.

1913 zieht Littlejohn mit seiner inzwischen achtköpfigen Familie nach Bagger Hall nahe London.

1917 gründet er die British School of Osteopathy (BSO) in London, deren Lehrbetrieb 1922 begann.

1935 kam es auch in England zu Angriffen der British Medical Association gegen alternative Behandlungsansätze. In der Folge wurde der Osteopathie die Anerkennung verweigert und Littlejohn zu Unrecht als unehrenhaft bezeichnet.

1940 verkauft er seine Anteile an der BSO und zieht sich nach Bagger Hall zurück, wo er am 8. Dezember 1947 verstarb.

Frieden finden

Es ist wohl nach wie vor schwierig, die Dinge, die man in den Kursen CST 3-5 oder HCT 1-3 lieben gelernt, hat auch am Patienten umzusetzen. Daher möchte ich mit euch eine für mich sehr eingängige und für Patienten bislang leichte Übung teilen.

Der Hintergrund dafür, ist das Anerkennen und Achten von Gefühlen, die ich am liebsten- und ich spreche mal nur von mir- nicht hätte. Immer, wenn ich in Angst, Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung oder in ähnliche phantastische Gefühlswelten komme oder drohe dort hineinzugeraten, neige ich zu bestimmten Verhaltensmustern, die ich zweckdienlich als Vermeidung einsetze. Teilweise so früh und schnell, dass ich das eigentliche Gefühl gar nicht wahrnehmen muss. Reflexartig entstehen Muster der Verdrängung oder auch Muster, in die ich hineinfalle- in diese andere Welt, in der es mir gefühlt schlecht geht. Eigentlich ist das letztere der wohl bessere Weg, denn er führt zumindest dazu, dass ich diesem Gefühl begegne.

Anstatt aber zu erkennen, welcher Teil von mir sich dort so fühlt, denke und fühle ich, dieses Gefühl habe ich, bin ich. Ich glaube diesem Gefühl einfach- weil es existiert. Ich fühle, also bin ich das was ich fühle.  Was mir aber meist zunächst nicht klar ist, ist wie alt dieses Gefühl eigentlich schon ist und wie lange es schon an der immer gleichen Stelle im Körper zu fühlen war. Ich kann dies auch erst in einem relativen Zustand von Ruhe- oder lass mich sagen-Sicherheit tun. Mich innerlich hinzusetzten, nicht mehr davonzulaufen und meine inneren Wände hoch zu laufen, sondern mich dem Gefühl zu stellen. Mich diesem Gefühl gegenüber zusetzten und ins Gesicht zu schauen ist schwierig. Augen (Alaya Chickly) sind hier durchaus hilfreich. Ich kann auch eine Gestalt nehmen (Fritz Perls) oder einfach ein Bild einladen oder andere Dinge (John Upledger/ Gert Groot Landeweer), um diesen Vorgang zu erleichtern. Was es für mich aber meistens wirklich leichter macht ist, wenn mich dabei jemand begleitet und einen sicheren Raum dafür herstellen kann. Mir hilft dabei eine ruhige sanfte verständige Stimme, die mir das Gefühl gibt, ich muss da nicht allein durch, da ist jemand bei mir!

Dies ist für mich der erste Schritt in die andere Richtung. Sonst bin ich immer bestrebt, vor diesem Etwas davonzulaufen, entweder nach Außen oder nach Innen. Ganz egal, ist meist typbedingt, läuft aber auf dasselbe hinaus.

Diese 180 Grad Drehung, die ich da vollziehe, kostet Mut. Wenn ich mit jemandem nicht grün bin oder Angst vor demjenigen habe, kann ich ihm oder ihr auch nicht gut in die Augen schauen, oder?

Aber erstaunlich ist, was passiert, wenn ich vorbehaltlos diesem Gefühl ins Angesicht blicke.

Was mir innerlich dabei hilft, ist im Hinterkopf zu behalten, dass es aus der Vergangenheit kommt und in der Gegenwart wieder wachgerufen worden ist, durch einen ähnlichen Reiz, durch eine ähnliche Angst. Gefühle, die mich in die Flucht schlagen und in Panik versetzten können, während sie bei Licht betrachtet eigentlich banal sind, bringen sie mich in eine kindliche Reaktionslage zurück. Ich fühle mich wieder wie drei oder vier Jahre alt und bin nicht in der Lage „erwachsen“ zu reagieren. Die ganze Situation gerät zu einer Kindergartenveranstaltung. Kommt dir das irgendwie bekannt vor. Ich kenne das gut!

Ich hinterfrage also nicht das Gefühl und ziehe es in Zweifel, sondern kann mir vorstellen, dass es irgendwann einen sehr guten Grund für diese Angst, diese Panik gegeben haben muss. Ich habe es nur besser vergessen als mich ständig daran zu erinnern. Es war gut, als es vorüber war, aber war es auch vorbei?

Zunächst sage ich dem Gefühl (den Augen, der Gestalt oder Farbe) gegenüber „Ich kann dich sehen und ich fühle dich“. Und mit der Rückbetrachtung wie lange ich dieses Gefühl schon kenne, kann ich vielleicht auch sagen „Ich habe Dich nur vergessen müssen, damit ich das durchstehen konnte und ich weiß nicht einmal mehr was es war!“ Und plötzlich kann ich sehen wer mir da gegenübersitzt und wie er sich eigentlich fühlt. So traurig und verlassen und dankbar das ich Ihn jetzt endlich sehen kann! Er ist plötzlich nicht mehr allein!

Wenn ich sehen und fühlen kann wie er sich fühlt, dann kann ich verstehen was er braucht damit er sich nicht mehr so fühlen muss. Ich verstehe jetzt, das dies ein jüngerer Teil von mir ist, ein kleiner Bruder der zurückgelassen wurde in der Zeit, der einfror mit diesem Gefühl als ich mich abtrennen musste um die Situation emotional zu überleben! Was auch immer es war. Manchmal offenbart es sich hier, aber es ist in diesem Moment gar nicht nötig zu wissen was es war!

Ich nehme ihn in die Arme und halte ihn, als das was er ist: ein einsamer verletzt zurückgelassener Anteil meiner Person / Seele (ich weiß es nicht wirklich)! Aber was dann geschehen kann, ist erstaunlich! Das Gefühl wandelt sich komplett und es entsteht eine Art Entspannung, ein Frieden im Körper und Geist (und Seele?) So als ob ein lange verloren geglaubter Bruder/Schwester zurückgekehrt ist. Immer durch dieses Gefühl verbunden, aber nicht zusammen, immer getrennt. Ich habe ihn wieder, diesen verloren geglaubten unschuldigen Teil, von dem ich immer gedacht habe, er wolle mir was Schlechtes, solange ich nicht wusste wer er eigentlich ist! Dieser Anteil brauchte mich eigentlich immer nur, um sich wieder verbunden fühlen zu können, um sich nicht allein und abgetrennt zu fühlen. Er rief nach mir durch das Gefühl! Jetzt kann es sich wieder komplett anfühlen. Jetzt sind „alle“ wieder da. Das nicht bewusste Gefühl von getrennt sein kann nun heilen. Dies ist schon eine Art Heilung, die einsetzten kann, wenn ich nicht mehr aus guten  Gründen das Falsche tue. Ich kann mit der Strategie aufhören, vor dem Schmerz davonzulaufen. Diese Hinwendung zum Gefühl hin erlaubt mir eine andere Perspektive, erlaubt mir in Frieden zu kommen und den inneren Krieg zu beenden. Sie erlaubt mir zu erkennen und zu verstehen das ein Gefühl wirklich einen guten Grund hat, es ist nur in der Zeit eingefroren wurde, durch mein inneres Abwenden im Schmerz und Panik weil ich damals keinen anderen Weg sah! Und es in der Tragweite mit dem heutigen Geschehen nur wenig zu tun hat. Die Verhältnismäßigkeit kann zurückkehren.

Vielleicht fragst du dich jetzt wie du daraus jetzt eine Übung machen kannst? Die Übung wäre leicht, wenn du einfach auf diesem Hintergrund deinem Patienten mit deinen Werkzeugen und Worten die Möglichkeit einer Erfahrung schenkst.

Diese Übung ist nicht gedacht als therapeutisches Instrument, sondern als eine Vorbereitung für tiefere Arbeit. Manchmal ist dieses Annähern an das Gefühl auch über den zeitlichen Rahmen wichtig, um wieder in einen „fluiden“ Bereich zu kommen und die Spannungen im Körper daraufhin zunächst nachlassen können. Es wird leichter für die Energie zu fließen und Informationen zu erreichen.

Aus meiner Erfahrung heraus ist es, je empathischer meine Begleiter bei dieser Arbeit sein konnten, umso hilfreicher ist dies für mich gewesen! Ich habe dadurch mir selbst gegenüber die Empathie und das Mitgefühl entwickeln können, dass nötig war, um meine Anteile wiederzufinden und mich immer ein Stück „Ganzer“ zu fühlen und den Frieden in mir zur erweitern.

Für mich ist dies die Essenz der Arbeit, die ich erfahren habe und weitergeben darf! Ich habe sie von Menschen gelernt, die ich sehr schätze und ich weiß, dass sie, wie ich auch, Menschen sind, die auf der Suche nach Frieden sind. Ich glaube sehr daran, dass je mehr Kriege wir im Inneren beenden können die Kriege draußen weniger werden.

Thomas Gross

Die Schädelpalpation vom Neurocranium

Wichtig ist, wie man Strukturen visualisiert, wie man sie plant, um danach mit ihnen zu arbeiten.

Die Handballenfläche legt ihr auf die Glabella, (Glaber = glatt, Glätzchen). Das ist die Erhebung in dem Feld zwischen den Augenbrauen. Alle Finger zeigen in Richtung Cranium. Mit dem 3. + 4. Finger fallt ihr manchmal in eine Vertiefung, dies ist das Bregma oder die große Fontanelle ( kommt von Quelle, Fontäne).

Bregma ist der Kreuzungspunkt der Sutura coronalis (corona = der Kranz) und der Sutura sagittalis (sagitta = der Pfeil).

Dreht ihr die Hand wie einen Scheibenwischer um den Punkt der Glabella, findet ihr dort die Sutura coronalis. Jetzt könnt ihr sie tasten. Am Pterion (=kl. Flügel, Wind) ist die Sutur zuende.

Um das Pterion zu finden, palpieren wir 1 Querfinger neben dem lateralen Augenwinkel und 1 Querfinger cranial. Dort liegt das Pterion.

Wieder eine Fontanelle, ein Zusammenschluss von 4 Schädelknochen: dem Os frontale, Os parietale, Os sphenoidale, und Os temporale (paries = die Wand, tempus = Tempo). Auf dem Os frontale finden wir noch die 2 Tubera (Höcker).

Vom Bregma tasten sich unsere Hände nach hinten über die verzahnte Naht der Sutura sagittalis, bis wir wieder in ein Loch fallen oder eine Erhebung tasten. Das ist dann das Lambda. Die kleine Fontanelle, benannt nach dem griechischen „L“, geschrieben wie ein deutsches „A“. Lambda ist der Kreuzungspunkt der Sutura sagittalis und der Sutura lambdoidea, oder anders gesagt der Sutur zwischen dem Os occipitale ( ob caput – zum Kopf gehörend) und dem Os parietale.

Um sie genau finden zu können, müssen wir mit der einen Hand noch eine andere Fontanelle suchen. Nämlich das Asterion, den dreiseitigen Stern.

Fühlen wir 2 Querfinger medial vom Proc. mastoideus (dem Warzenfortsatz), sind wir genau auf der Sutura occipitomastoidea. Eine sehr verzahnte Naht, die wenig Rotation zulässt, ähnlich der Sutura sagittalis. Sie werden gerne die Iliosacralgelenke des Kopfes genannt.

2 Querfinger nach oben treffen wir auf das Asterion, wo sich das Os temporale, Os parietale und Os occiptale treffen.

Von beiden Punkten ziehen wir eine Gerade und schon können wir in diesem Terrain die Sutura lambdoidea ertasten.

Hinten am Occiput ist ein hervorstehender Haken, man nennt ihn Protuberantia occipitalis externa oder Inion. Genau dort ist der Kreuzungspunkt für das intracranielle Membransystem und folglich auch das Venenabflusssystem und die Trennstelle von Cerebellum u. Cerebrum.

Zu beiden Seiten nach lateral gehend tasten wir eine 3 – 4 querfingerbreite Knochenleiste. Nebenbei ist dort der Ansatz für den M. trapezius und in der Tiefe verläuft der Sinus transversus und schon sind wir wieder am Asterion angelangt.

Viel Vergnügen bei der Palpation
Stefan Höppner

Einfluss von Akupunktur und Osteopathie auf Spannungsverhältnisse des Körpers

Ich selbst arbeite seit vielen Jahren mit und nach dem Konzept, wie wir es bei Upledger Insitut Deutschland gelernt haben und unterrichten. Auch meine Befunderhebung praktiziere ich in der Regel nach diesem- über den Faszienzug, das Erspüren der Läsion oder Dysfunktion- es ist ein schnelles und doch recht einfaches Prinzip.

Seit einigen Jahren „experimentiere“ ich mit einer Kollegin, deren Schwerpunkt die Akupunktur ist. Aus unserer Beobachtung und inzwischen auch gesammelten Erfahrungen, können wir beide sagen: Jede gezielt gesetzte Nadel hat enorme und immer wieder faszinierende Wirkungen auf Spannungsmuster des Patienten. Auch hier ist eine spezifische Befunderhebung wichtig, wie Puls- und Zungendiagnose sowie eine Befragung des Patienten.

Doch was uns beide beeindruckt, ist dann die Auswahl der Punkte. Oft zeigen sich auf den Meridianlaufbahnen andere, oder nicht genau an der beschriebenen Stelle Akupunkturpunkte, die meine Kollegin letztendlich verwendet.

Besonders deutlich ist es zu spüren, wenn die manuell angebrachte Methodik nicht ausreichend ist, um eine Entspannungsphase beeinflussen zu können. Dies zeigt sich zum Beispiel, wenn ich den Magen mit Hilfe des Listenings behandle und meine Kollegin über die Akupunkturpunkte (mit Nadeln) das System beeinflusst, welches meist eine deutliche Gewebereaktion (Entspannung) zur Folge hat. Oft wird durch das gezielte Aktivieren des Meridiansystems das Listening insgesamt verändert oder weiterleitende Listening-  Ketten aufgehoben.

Stellen wir das Gedankenmodell auf, in dem wir den Körper einmal in seiner geweblichen Struktur und auf der anderen Seite als einen Körper der Energie betrachten. Was wir zu einem großen Anteil mit der manuellen Herangehensweise machen, wird durch die über die Akupunktur eingebaute Energie unterstützt.

Ebenso ist dies vergleichbar mit einer Mehrhändetechnik, die sehr viel Kreativität und Verlaufsmöglichkeiten bietet. Auf diese Weise arbeiten wir oft zusammen und nehmen auf die Spannungsverhältnisse, den Energiefluss, die Listening- Ketten und die Reaktionsmuster des Körpers Einfluss.

Ich wünsche euch ebenfalls viel Spaß mit den gelerten Techniken vom Upledger Institut Detschland und dem „Experimentieren und Kombinieren“ eures Könnens mit dem Können Anderer.

Frank Hiltensberger

Handwerkszeug: Flexionstest im Stand

Der Beckengürtel ist die Kreuzung des Körpers, sein architektonisches Zentrum, Treffpunkt des Bewegungsapparates, Rastplatz des Torsos, Tempel der Fortpflanzungsorgane, Wohnort für sich neuentwickelndes Leben, Sitz der beiden Hauptausscheidungssysteme und – last but not least – etwas, auf das man sich setzt…

Wenn der Osteopath sich der Zusammenhänge zwischen den knöchernen Strukturen des Beckenrings und der richtigen Körpermechanik, dem Kreislauf, Beckenorganen und Beinen, reflektorischen Störungen und entfernten Körperregionen durch endokrin oder neurogen verfälschte Physiologie bewusst ist und zudem Diagnostik und manipulative Korrekturtechniken beherrscht, besitzt er das wichtigste Handwerkzeug, um jede Therapie zu beginnen.

Der Test:

  • ist aussagekräftig für Einschränkungen, die das Becken von den Beinen aus beeinflussen
  • wird verwendet, um die Seite der eingeschränkten Beckenbewegung bei pubischer und / oder iliosakraler Dysfunktion zu identifizieren

Durchführungskriterien:

  • Stand:
  • barfuß
  • aufrecht
  • symmetrische Gewichtsverteilung auf beide Füße
  • Zehenspitzen zeigen symmetrisch nach vorne
  • Standbreite: Ferse unter Acetabulum
  • Arme hängen locker am Körper
  • Eventuelle Beinlängendifferenz ausgleichen

Anweisungen an Patienten:

  • so weit wie möglich nach vorne beugen (versuchen mit Fingern die Zehen zu erreichen)
  • Knie gestreckt halten
  • die Beugung ca. 20 Sek. halten (wegen ev. verkürzter Muskulatur – Ausgleichsmöglichkeit)

Häufige Fehler:

Das Abrutschen der Daumen nach superior, durch die Straffung der Haut und Faszien, infolge der Vorbeuge

Interpretation der Befunde:

  • Physiologisch: die SIPS bewegen sich, bei vollständiger Vorbeuge, beidseits symmetrisch nach superior
  • Ein positiver Befund liegt vor, wenn eine SIPS sich weiter bewegt, nachdem die Bewegung der Gegenseite beendet ist.
  • Wenn dies schon zu Beginn der Vorbeuge auftreten sollte, bedeutet es praktisch fehlende ISG Mobilität (selten)
  • Wenn erst gegen Ende der Vorbeuge (meistens der Fall) dann eher eine leichte Einschränkung der ISG Gelenks
  • Eine Differenz superior – inferior von 1-2 cm ist ein deutlich positiver Befund, 0,5 – 1 cm leicht positiv

Falsch positiv:

  • bei Verkürzung/Hypertonus der ischiocruralen Mm – kontralateral
  • bei Verkürzung/Hypertonus des M. quadratus lumborum – ipsilateral
  • wenn der Unterschied zwischen der inferioren und superioren Position der SIPS im Sitzen deutlich und im Stehen nur leicht ist, handelt es sich wahrscheinlich um einen Übertragungseffekt vom Test im Sitzen (SIG) zum Test im Stehen (ISG), und es liegt keine ISG Läsion vor.

Falsch negativ:

  • Ein beidseits positiver Befund erscheint scheinbar negativ Empfehlung: Durchführung des Storchtests. Er hilft einen bilateral positiven Flexionstest im Stehen von einem negativen Flexionstest im Stehen zu unterscheiden

Überlappungseffekt:

Sind die Befunde beim Flexionstest im Stehen an der WS deutlicher ausgeprägt als im Sitzen, so besteht der Verdacht auf eine Dysfunktion an den  unteren Extremitäten. Ist der Befund an der Wirbelsäule während des Flexionstest im Sitzen stärker ausgeprägt als im Stehen, so liegt der Verdacht auf eine Dysfunktion kranial des Beckens nahe.

Literatur: Fred l. Mitchell, Jr., P. Kai Galen Mitchell: Handbuch der MuskelEnergieTechniken Band 3; Diagnostik und Therapie: Becken und Sakrum

„Fühlen“ – und was Wertungsfreiheit damit zu tun hat

Ist das Verschmelzen von mir als Therapeutin und von Seiten des Patienten gelungen, beginnt das Fühlen. Es geht zum einen darum, zu fühlen was jetzt gerade im Körper passiert, zum anderen was eine Kraft, die ich auf den Körper des Patienten bringe, bewirkt- sei sie physikalischer, energetischer oder verbaler Natur. Nur so ist eine unmittelbare Anpassung meiner angebotenen Kraft auf die Reaktion des Systems möglich und lässt die angewandte „Technik“ individuell abstimmbar auf die Möglichkeiten und Grenzen des Gewebes, des Systems und des Menschen werden. Ein so behandelter Mensch fühlt sich meist „gesehen“ und häufig in seinem Wesen berührt. Dies wiederum eröffnet den in unserem Kontext häufig erwähnten sicheren Raum, in dem die begleitete Innenschau – unter der Voraussetzung von „Wertungsfreiheit“, „neutraler Empathie“, „Toleranz“, „Realitätsbezug“, „Authentizität“, „parteilosem Verständnis“ – stattfinden kann.

Was haben diese Voraussetzungen aber praktisch betrachtet mit der Fähigkeit zu Fühlen zu tun? Einfach gesagt: Wertung findet im Kopf statt und Fühlen im Körper. Solange ich mich als Therapeutin im Kopf aufhalte und mit Bewertungen, Meinungen und Gedanken beschäftige, kann ich nicht fühlen was sich jetzt gerade unter meinen Händen abspielt.

Bewertung bedeutet Distanz, zu mir und anderen. Therapeutische Neutralität ermöglicht Beziehung zu mir und anderen.

Unter die Lupe genommen, beginnen die Bewertungen in der Praxis häufig schon, bevor der Patient überhaupt auf der Bank liegt, indem ich mir als Therapeutin Gedanken mache wie z.B.: „Werde ich das überhaupt hinbekommen mit der Behandlung?“, „Ach jetzt kommt Herr. M., den kann ich nicht so gut leiden“, „Heute habe ich keinen guten Tag“, „Das lerne ich alles sowieso nie“, etc. Auf diese Meinungen über mich selbst, derzeitige Umstände und Befindlichkeiten vor der Behandlung ,folgen dann häufig währenddessen noch die Zweifel an den eigenen Fähigkeiten.

Genau hier fängt aber schon das Fühlen an, wie wir es für unsere Art von Arbeit benötigen. Um das JETZT wahrnehmen zu können, bedarf es des ausreichenden Verzichts auf Meinung, Zweifel, Glaubenssätzen und Vergleichen, mir selbst und der momentanen Situation gegenüber, zu Gunsten einer beschreibenden Wahrnehmung. Das ermöglicht mir aus dem Kopf in die Hände zu kommen und in das Fühlen hinein, wie etwas „wirklich“ ist, jetzt, genau in diesem Moment. Nur beschreibend können aus meiner Sicht die meist möglichen Aspekte der momentanen Realität gesammelt werden. Eine Meinung haben bedeutet dagegen, einen wahrgenommenen Reiz durch den eigenen Erfahrungsfilter laufen zu lassen und ihn für mich auf „gut“ oder „schlecht“ zu bewerten und damit zu verändern, da Aspekte des eigentlichen Reizes herausgefiltert werden. Das Ergebnis meiner Bewertung kann zu einer Verzerrung der Realität des Patienten führen und entfernt mich eher von ihm, anstatt mich ihm näher zu bringen.

Will ich also den sicheren, neutralen Raum eröffnen und zur Innenschau bereitstellen, gilt es sich in Gedankenkontrolle zu üben und diese Art von Bewertungen zu stoppen und stattdessen in die beschreibende Wahrnehmung einer Momentaufnahme zu gehen. Möglicherweise mache ich dann die Erfahrung, dass sich zuvor gemachte Sorgen und Zweifel gar nicht bewahrheiten und, dass ich „positive“ Dinge wahrnehme, die ich mir zuvor gar nicht erdenken konnte.

Meinen emotionellen Erfahrungsschatz, mit allen seinen Höhen und Tiefen, kann ich dann später nutzen und zwar nicht als Filter, sondern wenn es darum geht den eventuell aufkommenden Gefühle des Patienten Raum zu geben und diese empathisch zu begleiten. Während des wahrnehmenden Fühlens, lasse ich ihn jedoch beiseite.

Und wie kann man das praktisch umsetzen? Zunächst gilt es eine Entscheidung zu treffen, sich der Welt des Gegenübers öffnen zu wollen und dabei auf die eigenen Meinungen, Maßstäbe und Urteile zu verzichten, denn dessen Welt könnte sich möglicherweise ganz anders darstellen und anderen Mustern folgen als die eigene. Weder besser noch schlechter, nur anders und in sich genauso folgerichtig und verständlich.

Diese bewusste Entscheidung auf Meinung zu verzichten, öffnet mich unmittelbar für das „Jetzt“, den Moment, den Körper des Patienten bewusst wahrzunehmen und für die Möglichkeit, zu fühlen was ist. Es ist eine Entscheidung zur Bewusstseinsschulung, die ich jederzeit fällen kann. „It‘s all about decisions“ sagte John Upledger dazu. Allein ein Gedanke, das Wechseln des Fokus, die Absicht und meine Wahl der Ausrichtung genügt und etwas kann sich im „Jetzt“ verändern, oder wie Upledger mal erwähnte: „the shortest distance between two points is an intansion“. Es braucht dann zugegebener Maßen im Weiteren noch Übung, um diese therapeutische Wertungsfreiheit in mir so zu installieren, dass sie automatischer einsetzbar ist. Aber dazu habe ich wiederum viel Zeit und täglich ausreichend Gelegenheit. Und wenn es nicht gleich klappt, habe ich die Möglichkeit, mich zu entscheiden auch darüber keine entwertende Meinung mehr zu haben, sondern wähle jedes Mal wieder aufs Neue- für ein therapeutisch neutrales, empathisches Verständnis für mich selbst und andere.

Friederike Groot Landeweer

Geduld

Nicht in einen Aktionismus zu verfallen, um die Dinge vermeintlich zu beschleunigen, sprich Geduld zu haben, ist etwas, was weder uns als Therapeuten noch als Patienten leicht fällt.

„Haben Sie etwas Geduld“ wird häufig mit „aushalten“, „erdulden“, „hinnehmen“ mit „Passivität“ assoziiert.

Doch Geduld zu haben ist ein aktiver Prozess, das bewusste Zurückhalten einer Handlung, im Vertrauen auf die inhärenten natürlichen Kräfte eines jeden Menschen. Ein Prozess der allerdings im Unsichtbaren bleibt.

Geduld zu haben, heißt Respekt vor der Zeit zu haben. Jedes Ding und somit auch jeder Heilungsprozess bedarf seiner eigenen Zeit. Jede Art von Beschleunigung wäre eine Störung dieser inneren Heilungskräfte.

Nichts anderes finden wir in dem kurzen Zitat: „Find it, fix it and leave it alone… “ Was nichts anderes heißt, als der Natur bis ans Ende zu vertrauen – und um ihretwillen zurückzutreten. Die Natur „macht“ nicht, sie passt geduldig an – und das benötigt Zeit. Das entspricht dem Geist der ursprünglichen Osteopathie A.T. Stills. Oder wie John Upledger immer wieder betont hat: „let time (nature) be your ally….“

(Anregung aus: „Werte für die Medizin“ von Giovanni Maio)

Empathie und Selbstbestimmung?

Vor einiger Zeit las ich im Ärzteblatt einen Artikel, der mir danach stets immer wieder in den Sinn kam. Er handelte über die Veränderungen im ärztlichen Berufsgelöbnis, einen Wandel in Richtung Selbstbestimmung und Autonomie des kranken Menschen. Mir stellte sich dabei die Frage, wie dies in der täglichen Praxis Anwendung findet und finden könnte.

Viele Therapeutinnen und Therapeuten kennen es – der Alltag ist zeitlich stressig und ist doch nicht selten von hohen Erwartungen geprägt: Erwartungen des Patienten, der Angehörigen, der Arbeitgeber oder von den eigenen – denn es möge dem Menschen schnell und am liebsten dauerhaft besser gehen. Manch einer von uns fühlt sich dann berufen, die Kompetenz des Patienten aus den Augen zu verlieren und dabei die eigene Analyse oder Behandlungsmethode überzubewerten. Glücklicherweise verlaufen viele Behandlungen trotzdem gut. Aber könnte die Selbstbestimmung und Autonomie des Patienten nicht womöglich die Gesundheit dauerhaft und ganzheitlicher fördern?

Im ärztlichen Gelöbnis steht „die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit der Patientinnen und Patienten soll oberstes Gebot sein.“ Das gilt natürlich auch für die nicht-ärztlichen Behandler*innen. Was wird dabei jedoch als „Gesundheit“ angenommen?

Gesundheit ist nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“ Das bedeutet, dass es nicht ausschließlich darum geht, die körperlichen Symptome zu lindern.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schreibt zum Thema Gesundheit Folgendes:

„Gesundheit ist also kein eindeutig definierbares Konstrukt; sie ist schwer fassbar und nur schwer zu beschreiben. Heute besteht in den Sozialwissenschaften und der Medizin Einigkeit darüber, dass Gesundheit mehrdimensional betrachtet werden muss: Neben körperlichem Wohlbefinden […] und psychischem Wohlbefinden (z.B. Freude, Glück, Lebenszufriedenheit) gehören auch Leistungsfähigkeit, Selbstverwirklichung und Sinnfindung dazu. Gesundheit hängt ab vom Vorhandensein, von der Wahrnehmung und dem Umgang mit Belastungen, von Risiken und Gefährdungen durch die soziale und ökologische Umwelt sowie vom Vorhandensein, von der Wahrnehmung, Erschließung und Inanspruchnahme von Ressourcen. Die Sozialwissenschaftlichen Definitionsversuche des Phänomens Gesundheit zeichnen sich dabei durch eine Komplexität aus, die historisch betrachtet als neu zu bezeichnen ist.“

Auch hier finden wir wieder, dass es neben den körperlichen Aspekten viele andere gibt, die den Menschen dazu verhelfen gesund zu sein.

Zum ärztlichen Gelöbnis hinzugefügt wurde: „Ich werde die Autonomie und die Würde meiner Patienten oder meines Patienten respektieren.“ – etwas  befremdlich für mich, wenn bereits im Grundgesetz verankert ist, dass die Würde des Menschen unantastbar ist, gut jedoch, dass es explizit erwähnt wird.

Wir ,als Zugehörige einer medizinischen Berufsgruppe, haben die Möglichkeit, den Menschen zu empfehlen Risiken zu meiden (Prävention) und gesundheitsförderliche Maßnahmen anzuwenden – ganz abgesehen von den spezifischen Maßnahmen, die wir in unserem Beruf durchführen können. Was jedoch für den jeweiligen Menschen tatsächlich hilfreich ist, was er sich genau wünscht, wie das dann erreichbar sein könnte – auch autonom ohne mich –, und vieles mehr kann nur mit dem Menschen in seiner speziellen Situation mit sich und in seinem eigenen Umfeld und Umwelt angeschaut werden – vielleicht kann das als Achtung der Würde angesehen werden.

Was wir dabei durchaus überlegen dürfen ist, ob wir dem Menschen dann als wirklich selbstbestimmt ansehen und wir mit einer empathischen Herangehensweise auch die Eigenkompetenzen des Einzelnen einbeziehen. Aus meiner Sicht sind dabei die sogenannten “Soft-Skills“ sehr wichtig – aktives Zuhören, sorgfältiges Nachfragen und behutsames Verbalisieren von Informationen, die sich „zwischen den Zeilen“ befinden können.

Egal, ob wir DIE Spezialisten für den Körper und deren Funktionen sind, wenn wir „Ganzheitlichkeit“ ernst nehmen wollen, dann betrachten wir mehr als nur das und lassen den Menschen wissen, dass seine Eigenkompetenz die ganze Zeit wichtig ist, dass wir diese würdigen und für einen sinnvollen Gesundungsprozess benötigen.

Euer Gert

Quelle: https://www.aerzteblatt.de/archiv/194278/Weltaerztebund-Revision-des-aerztlichen-Geloebnisses